s p e r r s i t z. Gegenwart im Gedicht. Platz für Poesie bei Literatur Moths

Tristan Marquardt:
das amortisiert sich nicht

 

Was tun Gedichte im Raum einer Kommunikation, die schnelllebig ist und kaum Pausen zulässt?

Wohin trägt eine Sprache, die sich über ihre Tragweite nicht sicher ist?
das kommt uns alles kaum bekannt vor, hand aufs herz : Das amortisiert sich nicht.

Tristan Marquardts Gedichte legen den Finger vom Resultat auf den Prozess. Sie versichern:


Wenn es dunkel ist, trägt ein Schatten auf die Schicht Licht, die eine Lampe auf die Dunkelheit gelegt hat, eine weitere Schicht Dunkelheit auf. Wenn es dunkel ist, hebt ein Schatten unter der Schicht Licht, die eine Lampe auf die Dunkelheit gelegt hat, die Dunkelheit wieder hervor. Betritt man sein Zimmer über eine Rückraumgrenze, geht man in sein zimmer hinaus . Und wenn man auf die Straße geht, ist das nicht der Park, aber mit ein, zwei kleinen änderungen könnte er es sein .

So greifen Marquardts Texte konstruierend in das ein, was längst schon konstruiert und vorhanden ist und woran doch immer weiter noch gearbeitet wird. Im Bau Begriffenes. Was sich nicht aufrechnen lässt. Körper sondergleichen.

So als hätte man gerade das cembalo erfunden, aber vergessen, wo man es hingestellt hat.

 

 

Tristan Marquardt bei s p e r r s i t z. Gegenwart im Gedicht. Platz für Poesie bei Literatur Moths, die jedes Vierteljahr stattfindet und von Tristan kuratiert wird: Junge Lyriker stellen sich und ihre Gedichte vor.

 

Leseprobe:

so, oder ungefähr so, dürften sich zielgruppen fühlen nach dem
verfehltsein. lückenloses schließen von lücken, man hatte das
kommen sehen: koordinaten einer suchfunktion, wohin einen
die beine tragen. kleine charta der resultate. beim abendessen,
im sandkasten, ich hatte den wunsch geäußert, am sonnenstand
einen weiteren norden zu ermitteln, meine eltern machten eine
ausnahme. das war der dritte körper, das zelt. unten gruppierte
ich namen, lagen meine meist kommentierten tagebucheinträge
formiert zur ersten ernst gemeinten phase: landschaft mit angel-
punkten / garantierten karussells. die frist betrug den nächsten
unterlaufenen schlaf, raum aus birken, diesen weiß gestrichenen
körpern. eine handvoll bildete das tal, keine mutprobe. weiter
unten liefen die fäden darin zusammen, es rauschte, stockte zeit-
weise, wie schluckauf. nur die luft war nicht anzuhalten. flucht-
routen die falten in der hand. mein finger fuhr über plan a, ich
träumte vom aufwachen. der rest gelang mühsam. im bad, es
war so wasserscheu wie ich, wurde die verantwortung trocken
gerieben. man sprach vom satzbau des kommenden tags, schon
wieder am tisch, meine mutter saß am abdrücker. lücken, zwei
bisse weiter, einschusslöcher. ich begann, mir das auszumalen.

Tristan Marquardt, geboren 1987 in Göttingen, lebt in München und Zürich. Er ist Mitglied des Berliner Lyrikkollektivs G13 , dessen Mitgründer er 2009 war. Er war Finalist beim 19. und 20. open mike der Literaturwerkstatt Berlin. Seit 2011 verfasst er neben dem eigenen Schreiben mit Linus Westheuser gemeinsame Gedichte, seit 2012 organisiert er mit Walter Fabian Schmid die Lesereihe meine drei lyrischen ichs in München. Seine Texte wurden in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht (zuletzt: 40 % Paradies. Gedichte des Lyrikkollektivs G13 , luxbooks 2012) und ins Englische und Slowakische übersetzt. das amortisiert sich nicht ist sein erster Gedichtband.

Siehe auch:
Unmögliche Liebe.  
Die Kunst des Minnesangs in neuen Übertragungen

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Tristan Marquardt: das amortisiert sich nicht

Gedichte
Illustration: Andreas Töpfer
Kookbooks, Reihe Lyrik   Bd.31
2013
Sprache: Deutsch
80 Seiten, broschiert
Kookbooks
19.90 EUR  

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